Helmut Theodor Rohner | PORTRÄT

Aktuelles - Leserbriefe 2003 - 2006

In Leserbriefen nimmt der Autor seit Jahren eifrig Stellung zu Fragen, die in den Medien gestellt werden. Eine Auswahl davon soll hier angeführt werden.

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2022

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2021

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2020

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2019

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2018

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2017

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2016

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2015

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2014

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2013

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2012

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2011

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2010

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2009

zu den Leserbriefen aus dem Jahre 2007 - 2008

Leserbriefe 2006


Dialog

Vor nicht langer Zeit haben Sie, Herr Dr. Rudolf Seewald, in einem Leserbrief behauptet die muslimische und die westliche Kultur seien wie Wasser und Feuer, also nie vereinbar. Wenn dem wirklich so wäre, gäbe es keine andere Lösung als die gegenseitige Vernichtung oder totale Abschottung. Jetzt plädieren sie auf dringend notwendige, den Frieden ehrlich suchende Gespräche. Ich freue mich sehr über diesen Ihren Fortschritt.
Aber jetzt möchten Sie als Vorbedingung von solchen Gesprächen von den Muslimen verlangen, dass sie ihre tiefe Glaubensüberzeugung, ihre Religion sei die einzig richtige, ablegen. Und sie werfen den Muslimen vor, dass sie unter sich nicht eins sind. Dazu gebe ich folgendes zu bedenken: 1. Wenn ich mit jemand reden will, muss ich ihn doch ernst nehmen, so wie er ist, mit all seinen Überzeugungen. 2. Die katholische Kirche hat doch auch behauptet, sie besitze allein den wahren Glauben.
Sie hat in der Vergangenheit die Muslime zu den „Heiden“ und die Evangelischen zu den „Nicht-Rechtgläubigen“ gezählt. Bei Dr. Elisabeth Dörler habe ich gelernt, dass wir Christen (und die Juden) für den Islam zwar keine „Rechtgläubigen“, aber doch „Gläubige“ sind, und deshalb nicht mit den „Ungläubigen“ auf eine Stufe zu stellen sind. Wir sind also in den Augen des Islam besser dran als es die Muslime in unsern Augen einmal waren.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Soziale Gerechtigkeit

Es gehört zum Auftrag der Kirche, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Gesellschaftspolitischer Einsatz (und gewaltfreier Kampf) für und an der Seite der Armen und Unterdrückten ist wichtiger als Almosen oder schöne Worte und entspricht besser der Menschenwürde der Benachteiligten und ihrem Recht auf Selbstbestimmung. Das lehren uns die Propheten der Bibel und die katholische Soziallehre, auf die Papst Benedikt XVI. in seinem Rundschreiben „Gott ist die Liebe“ eigens verweist.
Auf diesem Hintergrund ist es schwer verständlich, wenn der Papst recht klar sagt: Hier Politik und Staat mit dem Ziel sozialer Gerechtigkeit. Und dort Kirche und keine Politik, d.h. auch kein direkter Einsatz für soziale Gerechtigkeit im Namen der Kirche. Ich zitiere den vom Papst selbst geschriebenen Erklärungsbrief: „Die Kirche macht, ihrer Natur gemäß, keine Politik in eigenem Namen, sie respektiert die Autonomie des Staates und seine Ordnung.“ Auch dann, wenn diese Ordnung nicht gerecht ist? Auch dann, wenn, wie es heute geschieht, die internationalen Konzerne, die WTO und der IWF den nationalen Staaten eine ungerechte Entwicklung aufzwingen? Eine eigenartig unterwürfige Kirche. Aber durch seine Ansprachen und Stellungnahmen macht derselbe Papst täglich Politik im Namen der Kirche.
Wie könnte dieser eklatante Widerspruch erklärt werden? Eine Möglichkeit sehe ich darin, dass persönliche Erfahrungen des Papstes und deren persönliche Deutung seinen Blick einfärben, wie es bei jedem von uns auch passieren kann. Es ist bekannt, dass ihm die 68iger-Bewegung einen fürchterlichen Schock verpasst hat. Ebenso wissen wir, dass ihm der entschiedene Kampf der lateinamerikanischen Kirche für die Befreiung des Volkes nicht als richtig erschien. Das könnte ein Grund sein, weshalb es Benedikt XVI. nicht so recht gelingen will, die soziale Liebe und die soziale Gerechtigkeit direkt miteinander zu verbinden. Es schaut beinahe so aus, als möchte er die Liebe der Kirche und die Gerechtigkeit dem Staat zuordnen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Himmelschreiend, himmelöffnend

Nach dem heurigen Wahlkampf mit seinen vielen verallgemeinernden Verunglimpfungen der Ausländer tat das Wort zum Sonntag von Caritasseelsorger Elmar Simma wirklich gut. Zu „himmelschreiend“ schreibt er u.a.: „Aber die ständige aufhetzende Redeweise, das permanente pauschalierende Schlechtmachen der Menschen anderer Nationalitäten, Kulturen und Religionen, die zum Teil unwahren Behauptungen, die Panikmache gegen Ausländer sind gegen den Geist Jesu und im biblischen Sinn himmelschreiend.“ Zu „himmelöffnend“ sagt er: „Respektvoller, gerechter und wahrhaftiger Umgang mit jedem Menschen, auch ein Päckchen Güte und Toleranz, öffnen den Himmel.“

Leserbrief für die VN, Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Kirche und Gerechtigkeit

Als das Rundschreiben des Papstes über die Liebe erschienen war, waren alle voll des Lobes. Auch ich war hoch erfreut und bin es immer noch. Trotzdem stört mich ein eigenartiger Widerspruch. Der evangelische Landessuperintendent Wolfram Neumann wies schon damals darauf hin: „Mich hat vor allem gestört, dass der Papst erklärt, die Kirche dürfe sich nicht politisch einmischen. Gerade um der Armen willen darf sich die Kirche nicht raushalten.“ (VN 26.1.06). Benedikt VI. verlegt in seiner Enzyklika tatsächlich den Aufbau sozialer Gerechtigkeit sosehr in die Kompetenz des Staates, dass die Kirche direkt und unmittelbar nichts damit zu tun hat. Woher diese Angst, sich nicht nur karitativ, sondern auch gesellschaftspolitisch für die den Armen oder Unterdrückten vorenthaltenen Rechte einzusetzen? Ist dieser Einsatz nur eine Aufgabe der christlichen Laien oder doch der ganzen Kirche?

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Apostel des Friedens

Viele hatten Angst, dem Papst könnte in der Türkei etwas passieren und das könnte katastrophale Auswirkungen auf die ohnehin stark belasteten Beziehungen zwischen Islam und Christentum haben. Deshalb war die Freude groß, dass der Papstbesuch in der Türkei – für alle Seiten – so positiv verlaufen ist. Türken und Europäer, Musli­me und Christen, Orthodoxe und Katholiken konnten davon profitieren. Der Papst zeigte sich, wie er selbst sagte, „als Freund, als Apostel des Dialogs und des Friedens.“

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Für Monika und Pavol

Wieder verliert eine Pfarrei und unsere Diözese einen jungen, eifrigen Priester, weil er eine Frau liebt. Unterm katholischen Volk gibt es viele, die ihn behalten möchten und sich über einen verheirateten Priester freuen würden. Ähnliches kann in Vorarl­berg von den Mitbrüdern im Priesterdienst gesagt werden. Bischof Elmar bedauert den Verlust eines engagierten Seelsorgers und Bischofsvikar Benno Elbs ist traurig darüber. Alle wissen, dass beide die Hände gebunden haben (nicht von Jesu, aber von Rom her). Vielleicht stünden auch sie, wenn sie frei und eigenständig entscheiden könnten, auf der Seite von Pfr. Pavol Kubicar und seiner Geliebten Monika Mangova.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Leserbriefe 2005


Fuß weg vom Bremspedal

In seinem Bericht von der Bischofsynode in Rom, stellt Thomas Matt (Vorarlberger Nachrichten) fest, dass die 250 als aller Welt versammelten Bischöfe nach dreiwöchiger Beratung zu folgenden vier Fragen Nein sagten:
1. Kommunion für Wiederverheiratet-Geschiedene.
2. Heiratserlaubnis für Priester.
3. Priesterweihe für Ehemänner, die sich im Leben bewährt haben.
4. Diakonat der Frau.
Wann wird der Augenblick kommen, dass die ganze katholische Kirche in allen Kontinenten Ja zu diesen Themen sagen wird? Möglicherweise nie? Es gäbe jedoch eine andere Möglichkeit. Die Kirche eines Kontinents, mehrerer Länder oder eines Landes, mehrerer Diözesen oder einer Diözese wäre wohl heute schon so weit, zu all diesen Fragen Ja zu sagen. Rom könnte doch ohne weiteres sagen: Wer so weit ist, möge es auf der eigenen Ebene verwirklichen. Wieso kann ich behaupten, Rom könnte das erlauben? Weil es sich bei allen vier Punkten nicht um Dinge handelt, die Christus selbst festgelegt hat oder die von grundlegenden Wahrheiten unsere christlichen Glaubens abhängig sind.
Zur Erinnerung ein Beispiel: Die katholische Kirche hatte eine Jahrtausende alte Tradition, die Gottesdienste lateinisch zu feiern. Rom hat die Volkssprache nicht in die Liturgie eingeführt. Begründung: Die Zeit ist dafür nicht reif, jedenfalls nicht überall in der Kirche. Rom sagte also: Wer will, der kann. Und siehe da, innerhalb kürzester Zeit war (abgesehen von der Splittergruppe der Lefebvrianer) die ganze Kirche reif dafür. Als Christen sind wir zur Freiheit berufen. Nützen wir doch diese Freiheit überall dort, wo sie für das Reich Gottes hilfreich ist!

Wir haben die Liebe,
die Gott zu uns hat,
erkannt
und gläubig angenommen.
1 Joh 4, 16

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief für die VN, 25. Oktober 2005 (Einsendedatum)

Christliche Freiheit

Der biblischen (!) Aussage: „Als Christen sind wir zur Freiheit berufen.“ fügte ich in meinem Leserbrief die Aufforderung hinzu: „Nützen wir doch diese Freiheit überall dort, wo sie der Kirche und dem Reiche Gottes hilfreich erscheint.“ Aus Platzgründen strich die VN (neben anderen Kürzungen) die Worte „der Kirche und dem Reiche Gottes“, so dass nur noch übrig blieb: „Nützen wir doch diese Freiheit überall dort, wo sie hilfreich erscheint.“ Ich fand die Kürzung nicht so schlimm. Aber ich staune, wie sehr sie die Fantasie von Herrn Steinegger angeregt hat. Sein Kommentar zeigt, dass er einiges in meine Leserbriefe hineinliest, was nicht drin steht. Er schreibt: Völlig abwegig ist jedoch das Argument, wir seien als Christen „zur Freiheit berufen“. Die Freiheit, die Pfarrer Rohner meint und die ihm „als hilfreich erscheint“, ist verräterisch, willkürlich und verfügbar für vordergründige, billige, egoistische oder pragmatische Anwendung. Sie hat nichts zu tun mit der Freiheit der Kinder Gottes, die seinem Wort verpflichtet und deshalb frei sind.

Leserbrief für die VN, Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Persönliche Hoffnungsbotschaft

In unserer katholischen Kirche ist trotz Kirchen-Volks-Begehren juridisch und strukturell noch immer (beinahe) alles beim Alten, oder sagen wir es genauer: alles wieder beim Alten. Und die Hoffnung, dass sich da etwas ändern wird ist winzig. Aber viele Katholiken fühlen sich in einer menschenfreundlichen, geschwisterlichen, auf die Zeichen der Zeit reagierenden, Zuversicht, Lebensfreude, Mündigkeit und Freiheit fördernden Kirche, die es so noch gar nicht gibt, zu Hause. Gott wird diese zur Zeit „Obdachlosen“ nicht im Stich lassen. Er ist schon lange daran, in ihren Köpfen, Herzen und Gemeinschaften die Grundmauern für ein neues „Haus“ zu legen, in dem alle Menschen sich daheim fühlen dürfen.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Ungewöhnlich und heilsam

In diesem Jahr habe ich einen ungewöhnlichen Karfreitagsgottesdienst erlebt. Auf dem Waldfriedhof in Rankweil wurden in einem kleinen Sarg mehrere Frühgeburten von christlichen und muslimischen Gebeten und Ritualen begleitet, beerdigt. Wer ein Kind verliert, bevor es lebensfähig ist – ein wahrer Karfreitag für die Mutter oder die Eltern -, bleibt mit seiner Trauer oft allein. Wem erzählt man das schon?
„Sie sind hier am Grab nicht allein mir ihrer Trauer“, konnte Krankenhaus-Seelsorgerin Daniela Bohle-Fritz den etwa 40 Anwesenden sagen, „sondern verbunden mit andern Frauen und Männern, die ihr Kind, ihren Enkel/ ihre Enkelin verloren haben. Das gemeinsame Schicksal verbindet uns untereinander. Sie sind von verständnisvollen Menschen umgeben. ... Ihr Kind und alle andern Kinder umhüllt jetzt das strahlende und wärmende Licht der Liebe Gottes. Sie haben eine Wohnung bei Gott und sie haben ihren Platz hier in dieser Erde, sie haben ihren Platz in der Glaubensgemeinschaft von Christen und Muslimen.“
Die beeindruckende Feier war für die Betroffenen sicher ein großer Trost. Eine heilsame Initiative, die unsern Dank verdient. Sie wäre sicher nicht zustande gekommen, hätten nicht heute, Gott sei Dank, die Frauen und Mütter mehr Einfluss als früher auf unsere Pastoral und unsere Liturgie.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn
Leserbrief, 25. März 2005

Zuversicht

Das Vatikanpersonal, von den Taxifahrern bis zur letzten Putzfrau musste vor dem Konklave mündlich und schriftlich einen Eid auf absolute Geheimhaltung schwören. Dieser Eid binde lebenslänglich und seine Übertretung werde mit der strengsten Form der Exkommunikation geahndet. Diese Exkommunikation kann kein Priester und kein Bischof, sondern nur der Vatikan aufheben.
Während meines Studiums in Rom musste ich vier Mal einen inhaltlich fragwürdigen Eid ablegen, sonst hätte ich nicht katholischer Priester werden können. Das 5.Mal, als ich schon geweiht war, habe ich den Eid verweigert. Als Denkzettel wurde mir die Eintragung der Abschlussnote meines Theologiestudiums ins Zeugnis verweigert. Und das, obwohl Jesus in der Bergpredigt eindeutig gesagt hat: “Ihr sollt überhaupt nicht schwören!“
Wird sich der Vatikan unter dem neuen Papst von solchen und anderen der Bibel widersprechenden Praktiken lossagen? Die Hoffnung ist minimal. Aber für die (alle christlichen Konfessionen umfassende) Kirche bin ich trotzdem zuversichtlich. Es gibt viele Männer und Frauen in der katholischen Kirche und in den andern christlichen Kirchen auf allen Kontinenten, die bei ihren Änderungswünschen mehr auf Jesu schauen als nach Rom. Und ich bin mir sicher, dass Jesus sich darüber freut.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn


Leserbriefe 2004


Frauenakademie

Es ist eine sehr erfreuliche Nachricht, dass es in der katholischen Kirche Österreichs eine Frauenakademie gibt und zwar angeschlossen an die Katholische Sozialakade- mie. Ebenso erfreulich ist, dass die neue Einrichtung zur Stärkung des Selbstbe- wusstseins und der Erweiterung der Kompetenzen von Frauen gut durchgestartet hat und ihren ersten zweijährigen Lehrgang vor kurzem in beeindruckender Weise abschließen konnte. Viele erstaunt sicher, dass die Gründerinnen Doris Appel und Gabi Lindner bei diesem ersten Seminar sofort das schwierige Thema anzugehen wagten: „Geld und Leben. Ökonomische Kompetenzen für soziales Handeln.“ Das Anliegen des Kurses war, „den Frauen ein fundiertes Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge zu vermitteln und ihren Blick für mögliche Alternativen zu schärfen.“ Die Teilnehmerinnen stellten fest, dass „Weiberwirtschaft“ oft anders ausschauen würde, weil es kein „Naturgesetz“ ist, dass das Geld als Maßstab den Wert der Arbeit und des Menschen in einem unglaublichen Ausmaß dominiert und die Orientierung am Profit über das angemessene Maß hinaus alle Lebensbereiche bestimmt (z.B. Entlassungen zur Steigerung des Aktienkurses). Diese Frauen wollen also nicht mehr zu allem Ja und Amen sagen, was ihnen die (meist männlichen) Gurus über Wirtschaft vorbeten.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn

Priestermangel und Ökumene

Mir wurde mitgeteilt, dass mein Interview über die Basisgruppen(VN 9.2.:“Der Heilige Geist fliegt tief“) zu Missverständnissen geführt hat. Deshalb möchte ich klarstellen, dass es in der Dornbirner Basisgruppe „Senfkorn“ nicht Praxis ist, dass gelegentlich eine Frau ohne Priesterweihe den Vorsitz der Eucharistie übernimmt. Worum geht es mir in der Debatte um Amtspriestertum und Eucharistie? Um vielerlei. Aber in erster Linie um Folgendes:

1. Um die Ökumene. Ich wünsche mir, dass die katholische Kirche sich nicht einbildet, sagen zu können, was bei einem evangelischen Abendmahl geschieht oder nicht geschieht(Enthaltung eines Urteils).Ich wünsche mir, dass die katholische Kirche mit den evangelischen Kirchen ernsthaft darüber redet, ob nicht vom Evangelium her verschiedene Auffassungen über das kirchliche Amt möglich sind und anerkannt werden können.

2. Um eine echte Lösung des jetzigen Priestermangels. Alle Gemeinden sollen ihren eigenen Pfarrer haben und ein Priester soll nicht mehr als eine Gemeinde übernehmen müssen. Bei den jetzt praktizierten und geplanten Lösungen, habe ich und viele andere den Eindruck, dass die Gemeinden (ver)hungern und die wenigen und zum Großteil alten Priester überfordert werden. Meine persönliche Meinung ist, dass von Jesus Christus her der Priesterberuf Unverheirateten und Verheirateten, Männern und Frauen, Akademikern und Nicht-Akademikern offen stehen sollte. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an meinen alten, aber nie beachteten Vorschlag, dass die einzelnen Gemeinden u.a. auch die Möglichkeit haben sollten, aus ihrer eigenen Mitte einen Mann oder eine Frau dem Bischof vorzuschlagen: Bitte, weihen Sie ihn/sie zu unserm Pfarrer/unserer Pfarrerin. Es ist mir klar, dass nicht alle Vorarlberger Katholiken Freude an meinen Ideen haben und diesen zustimmen können. Darauf kommt es nicht an. Wichtig ist, dass wir über diese Dinge um der Zukunft unserer Kirche und der Ökumene willen ernsthaft und auf breiter Basis miteinander reden.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn


Leserbrief 2003


Stein der Weisen

Wenn ich lese, was PAL Benno Elbs in einem Interview im KirchenBlatt(Nr.40) antwortet, so könnte ich meinen, die Katholische Kirche Vorarlbergs habe den Stein der Weisen gefunden: die Regionalisierung. Wir erkennen die Zeichen der Zeit und reagieren frühzeitig darauf. Keine Spur von Reaktion der Leitung auf fortwährende Personalnot. Vielmehr bewegen wir uns vom Lebensort der Menschen in ihren Lebensraum. Für die einzelnen Orte und Pfarreien werden optimale Lösungen gefunden(nicht nur gesucht).Die Priester werden lernen, sich auf ihre wesentlichen Aufgaben(welche sind das?)zu konzentrieren. Auch wenn sie in Zukunft 2,3,4,oder gar 5 Pfarreien zu betreuen haben, sollen sie keine Pastoralmanager mit Blaulicht werden, sondern ihren Dienst mit Freude und spiritueller Tiefe machen können. Ich kann nur sagen: Herrlich! Unsere Diözese ist auf der Überholspur.
Ich habe nichts dagegen, wenn die jetzt notwendige Regionalisierung aufgrund der Vorteile, die sie auch hat, den Betroffenen schmackhaft gemacht wird. Die “Werbeslogans“ sollten allerdings nicht mehr als 10 m über dem Boden der Wirklichkeit angebracht werden. Das könnte wieder zu Enttäuschungen und in der Folge zu Austritten führen. Wichtiger jedoch ist mir folgendes: Die Regionalisierung stößt in absehbarer Zeit an ihre Grenzen. Wenn sie nun als die optimale Lösung für die Zukunft hingestellt wird, lenken wir davon ab, dass unsere Kirche bestimmte Zeichen der Zeit eben nicht sehen will, die damit verbundenen Probleme leugnet oder vertuscht und deren wirklich zukunftsträchtige Lösungen verhindert. So steht das Gute dem Besseren im Wege.
Seit mehreren Jahrzehnten diskutieren wir heiß darüber, dass wichtige Punkte der heutigen Kirchenordnung, d.h. der Rahmenbedingungen der Pastoral nicht den Haltungen Jesu und dem Geist der Evangelien entsprechen und deshalb(juridisch, theologisch und praktisch) geändert werden sollten. Ist unsere Kirche bereit, die von ihr selbst geschaffenen Rahmen- bedingungen zu ändern oder nicht? Wenn diese Frage beiseite geschoben oder unter „wunderbaren, modernen Lösungen“ ins Grab gezwungen wird, dann macht mich das traurig. Dadurch erweisen wir der Zukunft der Kirche, die Jesus initiiert hat, einen schlechten Dienst.

Pfr. Helmut Rohner, Im Horn 20, Dornbirn